Stefanie Buchacher, CSR Managerin beim Familienunternehmen Sport Conrad, ist ist der Meinung, dass es für eine lebenswerte Zukunft viele Menschen braucht, die jeden Tag einen Beitrag leisten. Für sie hat Nachhaltigkeit vor allem mit Generationengerechtigkeit zu tun. Im Interview erklärt sie, was genau sie damit meint.
Was genau steckt hinter eurem Label WIR DENKEN UM und wie kann man sich den Bewertungsprozess vorstellen?
Hinter WIR DENKEN UM steckt unser Nachhaltigkeitsengagement. WIR DENKEN UM bedeutet für uns, den Status Quo zu hinterfragen, konventionelle Pfade zu verlassen und eine neue Route einzuschlagen. Als Outdoor-Händler und als leidenschaftliche Sportler:innen sind die Berge und die Natur unser Leben. Die Bergheimat erzeugt Demut, Dankbarkeit und den unbändigen Drang, sich für eine lebenswerte Zukunft und den Erhalt unserer einzigartigen Bergwelt einzusetzen. Aber das alleine reicht nicht. Es braucht überzeugte Menschen, die diese anspruchsvollere Tour mitgehen möchten: Unsere Geschäftspartner und Kund:innen, ebenso wie unser gesamtes Team.
Gestartet sind wir 2019 mit unserem WIR DENKEN UM Label. Damit möchten wir verantwortlich handelnde Marken hervorheben und unsere Kund:innen für einen verantwortungsvollen Konsum sensibilisieren. Letztendlich handelt es sich um eine nachhaltige Beratung und jede:r Kund:in hat die Wahl, sich bewusst für eine nachhaltigere Alternative zu entscheiden. Der Bewertungsprozess findet mittlerweile auf zwei Ebenen statt – auf Unternehmensebene und Produktebene. Mit dem Label kennzeichnen wir Lieferanten und Marken, die sich zu ökologischer und sozialer Verantwortung in der gesamten Lieferkette bekennen. Auch produzieren diese Unternehmen umweltfreundlich und ressourcenschonend, haben kurze Transportwege – nach Möglichkeit eine Produktion in der EU – und achten auf einen ressourcenschonenden Einsatz von Verpackungsmaterialien. Zusätzlich katalogisieren wir unsere Produkte nach offiziellen Siegeln und verschiedenen Nachhaltigkeitsattributen, wie Wolle, Daune und Leder von Tieren aus artgerechter Haltung, klimaneutral, vegan oder nachwachsende Rohstoffe.
Wir wissen, dass wir noch viele weitere Maßnahmen umsetzen müssen und es ist uns bewusst, dass es fortwährender Innovationsprozess ist.
Stefanie Buchacher
Welche Maßnahmen sind in Zukunft noch geplant, um den Fußabdruck des Unternehmens zu verbessern?
Unser Label ist ein Baustein unseres gesamten Engagements oder, wenn man es so nennen will, unserer Transformation. Es ist ganz klar unser Ziel, unseren Fußabdruck als Unternehmen zu verbessern und wir versuchen, Maßnahmen ohne zu zögern, umzusetzen. Aus der Überzeugung, mehr für unsere Bergheimat und unsere Zukunft tun zu wollen, wurde eine Aufgabe, die uns umso stärker fordert, je länger wir uns damit beschäftigen. Nachhaltigkeit für uns als Wirtschaftsunternehmen bedeutet, den Blickwinkel weiter zu fassen und ökologische, ökonomische und soziale Faktoren in Einklang zu bringen. Ganz konkret: Gerade berechnen wir unsere Klimabilanz als Grundlage, um Verbesserungen zu entwickeln, wir stellen unseren Fuhrpark auf Elektromobilität um, tüfteln an unserer Logistik und unseren Verpackungen und stellen unsere Prozesse immer wieder auf den ressourcenschonenden Prüfstand. Auch können wir als Mitarbeiter:innen viel dazu beitragen. Deswegen haben wir beispielsweise unser Mobilitätslotto initiiert. Hier geht es darum, Emissionen zu sparen und den Arbeitsweg so oft wie möglich zu Fuß, mit dem Rad oder den Öffis zurückzulegen – und monatlich verlosen wir Gewinne an alle Teilnehmenden. Wir wissen, dass wir noch viele weitere Maßnahmen umsetzen müssen und es ist uns bewusst, dass es fortwährender Innovationsprozess ist.
Durch die Klimadiskussion kann sich kaum ein Unternehmen erlauben, sich nicht mit Nachhaltigkeitsfragen zu beschäftigen. Was empfinden Sie persönlich, wie gut wir unterwegs sind zu einer Welt, die behutsamer mit dem Leben und den Ressourcen auf dem Planeten umgeht?
Nachhaltigkeit steht für mich persönlich für Generationengerechtigkeit oder anders ausgedrückt: für Enkeltauglichkeit. Also lautet die Frage: Taugt das, was wir tun, für unsere Enkel oder nicht? Ich finde, das Bewusstsein, dass wir alle etwas tun müssen, um unsere Welt zu erhalten, ist nicht zuletzt dank des Engagements von Fridays for Future stark gestiegen. Aber dennoch gibt es immer diese Lücke zwischen Bewusstsein und tatsächlichem Handeln. Das zeigt sich auch ganz stark beim Konsum – von Dingen, Dienstleistungen und Privilegien oder auch beim Konsum unserer Natur. Aus meiner Sicht passiert angesichts der jetzt schon absehbaren existentiellen Auswirkungen für unsere Welt — zu wenig durch die Politik und durch jeden Einzelnen von uns. Und unsere Kinder und Enkel werden die Konsequenzen tragen müssen. Deswegen brauchen wir jetzt nicht einige wenige, die Nachhaltigkeit hundertprozentig angehen, sondern ganz viele, die jeden Tag einen Beitrag leisten.
Sport Conrad ist 120 Jahre gelebte Leidenschaft. Die Berge und die Natur sind unser Leben — und diese Begeisterung möchten wir teilen. Als leidenschaftliche Sportler:innen möchten wir unseren Kund:innen die beste Beratung schenken, sie optimal ausrüsten und ihnen unbeschwerte Bergerlebnisse ermöglichen. Als Unternehmen verstehen wir uns als Gestalter einer nachhaltigen Zukunft.
In der Eingrenzung des Themas „Arbeitgeber, die helfen, die Welt besser zu machen“ haben wir den Befragten auch die Unternehmenskultur als ein Instrument genannt, über das die Gesellschaft positiv beeinflusst werden kann. Wie geht man bei Sport Conrad miteinander um?
Wir sind ein Familienunternehmen mit einer 120-jährigen Historie – angefangen von einem im Jahr 1897 gegründeten Schuhmacherbetrieb im bayerischen Penzberg. Das bayerische Oberland ist nach wie vor unsere Heimat, aber heute führt Sport Conrad als Multichannel-Retailer drei Filialen und ein großes Lager- und Logistikzentrum inklusive Werkstatt und Customer Service, sowie einen Onlineshop, über den wir Sportbegeisterte fast auf der ganzen Welt beliefern. Auch wenn wir in den letzten Jahren stark gewachsen sind, haben wir relativ kleine Teams in unseren Filialen wie auch in unserer Verwaltung. Wir haben kurze Entscheidungswege und sind mutig, Entscheidungen zu treffen. Das Miteinander spielt dabei eine wichtige Rolle, was wir durch wöchentliche abteilungsübergreifende Meetings sowie durch einen Austausch zwischen Filialen und Verwaltung fördern. Wir pflegen ein Arbeitsklima, das für Vorschläge offen ist und holen diese gemeinsam mit unserer Geschäftsleitung und unserem WIR DENKEN UM-Team in den Alltag.
Wie wichtig ist es für Sie persönlich, dass Arbeit sinnstiftend sein muss?
Eine sinnstiftende Arbeit ist für mich sehr wichtig, denn ich möchte das Richtige tun. Mein Antrieb ist, eine nachhaltige Zukunft heute in der Gegenwart zu gestalten und meinen Kindern eine lebenswerte Welt ermöglichen. Sinnstiftende Arbeit hat sehr viel mit Selbstwirksamkeit zu tun – im Arbeitskontext finde ich das vor allem, indem ich die Möglichkeit habe, Ideen einzubringen und diese gemeinsam zum Fliegen zu bringen.
Ich bin überzeugt, dass wir eine lebenswerte Zukunft nur dann schaffen, wenn wir alle gemeinsam – die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft – mitwirken. In diesem Zusammenhang ist es mir wichtiger, aufzuzeigen, was wir als Gesellschaft gewinnen können, wenn wir uns für einen bewussten Lebensstil entscheiden, als klar zu machen, worauf wir verzichten müssten.
Stefanie Buchacher ist CSR Managerin bei Sport Conrad, einem familiengeführten Outdoor-Händler mit 120-jähriger Geschichte. Ursprünglich startete sie als Journalistin ihren beruflichen Werdegang, wechselte dann in die Unternehmenskommunikation verschiedener Mode- und Handelsunternehmen und schließlich in eine Nachhaltigkeitsberatung. Stefanie Buchacher absolvierte den MBA-Studiengang Sustainability Management an der Leuphana Universität Lüneburg mit Fokus auf Nachhaltigkeitsstrategie, ‑reporting und Entrepreneurship.
Frau Buchacher, Wie sollte die Welt in 10 Jahren aussehen und was sind die größten Herausforderungen auf diesem Weg?
Eines der wichtigsten und dringlichsten Probleme unserer heutigen Zeit ist die Erderwärmung und dementsprechend eines der wichtigsten Ziele, das Pariser Klimaziel von 1,5 °C einzuhalten. Wissenschaftler:innen sind sich einig, dass wir bis 2030 unsere Treibhausgasemissionen mindestens halbieren und bis 2050 sogar komplett reduzieren müssen – sonst drohen verheerende Folgen für unsere Umwelt und noch viele weitere interdependente ökologische wie soziale Auswirkungen. Ich wünsche mir, dass jede:r einzelne und die internationale Staatengemeinschaft bis in spätestens 10 Jahren alle nur möglichen Anstrengungen unternommen hat beziehungsweise haben, um klimaneutral zu werden.