Für Rachel Empey, Finanzvorständin bei Fresenius, ist auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft vor allem der Zusammenhalt aller entscheidend. Im Interview klärt sie uns außerdem über das Ziel von Fresenius auf, mit Produkten und Dienstleistungen auch in ärmeren Regionen der Welt zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung beizutragen.
Welche Verantwortung für das Gemeinwohl tragen Unternehmen heute?
Jedes Unternehmen trägt eine ethische und rechtliche Verantwortung. Nur wer dieser auch gerecht wird, wird als verlässlicher und integrer Partner wahrgenommen. Wir bei Fresenius tragen Verantwortung für unsere Beschäftigten, vor allem aber auch für unsere Patientinnen und Patienten, die wir tagtäglich behandeln. Das Patientenwohl steht für uns an oberster Stelle. Gerade in der Covid-19-Pandemie zeigen wir, wie ernst wir diese Verantwortung nehmen: Wir haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um unsere Patienten bestmöglich zu schützen und weiterhin gut zu versorgen. Vor Ort in unseren Kliniken als auch in der Produktion von lebensnotwendigen Medikamenten und Medizinprodukten, deren Nachfrage deutlich gestiegen ist. Für uns war es dabei selbstverständlich, dass wir keinen zusätzlichen Aufwand scheuen und die Preise auf einem stabilen Niveau halten. Zu unserer Verantwortung als nachhaltig orientierter Gesundheitskonzern gehört es eben auch, keine finanziellen Vorteile aus der Krise zu ziehen.
Ihr Unternehmen wurde von den von uns befragten Experten zu den Unternehmen gewählt, die helfen, die Welt ein Stück besser zu machen. Welche Bedeutung hat nachhaltiges Wirtschaften für Ihr Haus heute und welchen Weg sind Sie dafür gegangen?
Unser Geschäftsmodell ist schon immer auf das Wohl von Patientinnen und Patienten ausgelegt, seit der Unternehmensgründung vor mehr als hundert Jahren. Nachhaltigkeit ist tief verwurzelt in unserem Denken und Handeln, auf allen Ebenen. Soziale Nachhaltigkeit zeigt sich in unserem Streben nach immer besserer Medizin für immer mehr Menschen, genau wie in unserem Anspruch, ein verlässlicher Partner für die Gesundheitssysteme weltweit und ein guter Arbeitgeber für mehr als 300.000 Menschen zu sein. Um ökologisch nachhaltig zu handeln, versuchen wir mit den Ressourcen dieses Planeten so sorgsam umzugehen wie möglich. Auch ökonomisch sind wir nachhaltig aufgestellt durch unseren anhaltenden Erfolg und unsere langfristig orientierte Wachstumsstrategie.
Fresenius Medical Care: Dialyseprodukte und ‑dienstleistungen
Fresenius Kabi: Medizinprodukte für kritisch & chronisch Kranke wie Infusionen und klinische Ernährung
Fresenius Helios: stationäre sowie ambulante Versorgung in Europas führender privater Klinik-Gruppe
Fresenius Vamed: Planung und Errichtung sowie Betrieb von Gesundheitseinrichtungen
Durch die Klimadiskussion kann sich kaum ein Unternehmen erlauben, sich nicht mit Nachhaltigkeitsfragen zu beschäftigen. Was empfinden Sie persönlich, wie gut wir unterwegs sind zu einer Welt, die behutsamer mit dem Leben und den Ressourcen auf dem Planeten umgeht?
Die Klimakrise ist ein Kernthema unserer Gegenwart und Zukunft. Ich sehe viele gute Initiativen, viele gute Signale. Dennoch haben wir noch einen langen Weg vor uns. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie verletzlich wir als Individuen und als Gesellschaften sind. Sie hat zudem gezeigt, wie schnell wir Probleme anpacken können, wenn wir ein gemeinsames Ziel haben. Mit diesen gebündelten Kräften müssen wir auch die anderen Probleme unserer Zeit angehen.
Wir fragten konkret nach Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen Menschen in ihrer Gesundheit, ihrer Bildung oder anderen Lebensbereichen wirksam unterstützen oder die dazu beitragen, dass das Ökosystem entlastet wird. Können Sie den Lesern konkrete Beispiele dafür nennen, an welchen Stellen dies für Ihr Unternehmen zutrifft?
Als global tätiger Anbieter von Medizin tragen wir jeden Tag überall auf der Welt dazu bei, mit unseren Produkten und Dienstleistungen die Lebensqualität vieler Menschen zu verbessern. Zum Beispiel im Bereich Dialyse von Fresenius Medical Care. Weltweit helfen wir hunderttausenden Patientinnen und Patienten mit chronischer Nierenerkrankung in unseren Dialysezentren und mit unseren Dialysegeräten. Als Europas führender privater Krankenhausbetreiber begleiten wir rund 20 Millionen Menschen auf ihrem Weg zur Genesung – von der Vorsorge über die Behandlung bis zur Rehabilitation. Und Fresenius Kabi stellt lebensnotwendige Medikamente und Medizinprodukte zur Infusion, Transfusion und klinischen Ernährung her, die zur Therapie und Versorgung von kritisch und chronisch Kranken eingesetzt werden. Außerdem planen, errichten und betreiben wir in unserem Unternehmensbereich Vamed Gesundheitseinrichtungen überall auf der Welt. Ganz wichtig ist dabei der direkte Zusammenhang zwischen guter Medizin und Wirtschaftlichkeit. Nur wenn wir unsere Patientinnen und Patienten gut versorgen, können wir als Unternehmen erfolgreich sein. Und nur wenn wir gesunde Gewinne erwirtschaften, können wir wiederum in noch bessere Medizin für eine wachsende Zahl bedürftiger Menschen investieren. So können wir hohe Qualität erschwinglich machen – und unsere medizinischen Angebote auch an mehr und mehr Menschen in Regionen dieser Welt tragen, die noch großen Nachholbedarf in der Gesundheitsversorgung haben.
Rachel Empey (45) ist seit dem 1. August 2017 Finanzvorstand von Fresenius. Zuvor war sie ab 2011 Vorstand für Finanzen und Strategie der Telefónica Deutschland Holding AG. Vor ihrer Berufung in den Vorstand von Telefónica Deutschland war Rachel Empey viele Jahre international in leitenden Finanz- und Controlling-Funktionen bei Telefónica tätig. Ihre Karriere begann die Engländerin, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, in der Wirtschaftsprüfung bei Ernst & Young und als Business Analyst bei Lucent Technologies. Während Ihrer Zeit bei Ernst & Young absolvierte Frau Empey eine Zusatzausbildung zum Chartered Accountant. Zuvor studierte sie an der Universität Oxford Mathematik.
Gibt es Dinge (Produkte und Dienstleistungen), die Sie in der Pipeline haben und die (zukünftig) einen wertvollen ökologischen, technologischen oder gesellschaftlichen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und Allgemeinwohl leisten können?
Mit Bewährtem geben wir uns bei Fresenius nicht zufrieden. Deshalb suchen wir laufend nach noch besseren Lösungen und tragen so zum medizinischen Fortschritt bei. Zum Beispiel treiben wir die Heimdialyse weiter voran, sodass Nierenkranke ihre lebenswichtige Therapie komfortabel und sicher auch zu Hause erhalten können. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die Patientinnen und Patienten ihre Behandlung flexibel in ihren Tagesablauf einfügen können und so an Lebensqualität gewinnen.
Auch erweitern wir unser Produktportfolio im Bereich Biosimilars – das sind Nachahmerprodukte biotechnologisch hergestellter Arzneimittel – mit den Schwerpunkten Krebstherapie (Onkologie) und Autoimmunerkrankungen. Biosimilars sind kostengünstig in Herstellung und Vertrieb. Das entlastet die Gesundheitssysteme und verbessert gleichzeitig den Zugang zu diesen innovativen und sehr wirksamen Therapien.
Darüber hinaus arbeiten wir an digitalen Gesundheitsanwendungen, die gerade auch für weniger entwickelte Länder interessant sind. Dort, wo die Gesundheitssysteme nicht so gut aufgestellt sind wie bei uns, können beispielsweise digitale Angebote für die Rehabilitation zu einer besseren Versorgung beitragen.
Für Berufseinsteiger ist die Frage, wie sinnstiftend sie in ihrem Beruf arbeiten können, eine ganz zentrale. Welche Vision von Zukunft können Sie für diejenigen (Hochschulabsolventen) entwerfen, die Sie dabei begleiten möchten?
Wir möchten immer bessere Medizin für immer mehr Menschen entwickeln und ihnen so ein möglichst gutes und langes Leben ermöglichen. Die Weltbevölkerung wird immer älter. Die Menschen müssen medizinisch umfassender versorgt werden. Dazu wird auch technischer Fortschritt beitragen, den wir mit vorantreiben. Gleichzeitig möchten wir unsere Präsenz in den Entwicklungs- und Schwellenländern verstärken und dort mit unseren Produkten und Dienstleistungen zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung beitragen. Wir sind stets auf der Suche nach Menschen, die diesen Weg mit uns gehen wollen, die eigene Ideen mitbringen und sich engagiert für andere einsetzen.
Wie wichtig ist es für Sie persönlich, dass Arbeit sinnstiftend sein muss?
Für mich ist das sehr wichtig. Ich höre jeden Tag von Erfolgsgeschichten aus dem Unternehmen: Von Patienten und Patientinnen, denen wir helfen und die wir heilen konnten. Von Freundschaften, die zwischen Pflegekräften und Patienten entstehen. Von Initiativen, die das Ziel haben, noch mehr Patientinnen und Patienten in entlegenen Gegenden zu helfen. Diese Geschichten sind für mich Bestätigung, dass ich genau an der richtigen Stelle bin. Ich bin stolz auf die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen und ich bin dankbar, jeden Tag meinen eigenen Beitrag zu leisten.
Ich denke, eine der größten Herausforderungen wird es sein, nationale Egoismen zu überwinden und stattdessen stärkeren Zusammenhalt zu fördern.
Rachel Empey
In der Eingrenzung des Themas „Arbeitgeber, die helfen, die Welt besser zu machen“ haben wir den Befragten auch die Unternehmenskultur als ein Instrument genannt, über das die Gesellschaft positiv beeinflusst werden kann. Wie geht man in Ihrem Unternehmen miteinander um?
Als Gesundheitskonzern steht für uns der Mensch stets im Mittelpunkt. Und das leitet uns in unserem täglichen Umgang miteinander, egal ob Pflegekraft oder Verwaltungsmitarbeiter, Medizintechnikerin oder Laborkraft. Wir sind ein globales Unternehmen, in dem viele verschiedene Kulturen zusammenkommen. Durch das Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Meinungen, Sichtweisen, kultureller Prägungen und Erfahrungen können wir Potenziale ausschöpfen, die uns als globalen Konzern erfolgreich machen. Wir haben beispielsweise eine globale Wissensplattform, auf der wir voneinander lernen können. Bei uns hilft man sich gegenseitig.
Wie sollte die Welt in 10 Jahren aussehen und was sind die größten Herausforderungen auf diesem Weg?
Idealerweise ist die Welt in zehn Jahren digitaler geworden – ohne auf die persönliche Zuwendung zu verzichten, ganz im Gegenteil bleibt diese gerade in der Medizin essenziell. Außerdem wurden viele weitere Innovationen entwickelt. Auch um erfolgreich der Klimakrise zu begegnen. Und es gibt einen besseren und breiteren Zugang zu hochwertiger, bedarfsgerechter Medizin auch in den heutigen Entwicklungsländern. Ich denke, eine der größten Herausforderungen wird es sein, nationale Egoismen zu überwinden und stattdessen stärkeren Zusammenhalt zu fördern. Es braucht mehr Miteinander in der Welt, um Wirtschafts‑, Gesundheits- oder Klimakrisen wirksam und zum Nutzen aller begegnen zu können.