Ralph Koczwara, CEO von Hemmersbach, ist der Meinung, dass sich viele Unternehmen vor allem aus Marketinggründen mit Nachhaltigkeitsfragen beschäftigen. Was er damit meint und was Hemmersbach anders macht, erklärt er uns im Interview.
Hemmersbach wurde von den von uns befragten Experten zu den Unternehmen gewählt, die helfen, die Welt ein Stück besser zu machen. Wie kann ein IT-Unternehmen dazu beitragen?
Jedes Unternehmen kann hier einen Beitrag leisten, unabhängig von der Branche. In unserem Kerngeschäft in der IT-Branche lösen wir auf pragmatische Weise die Probleme unserer Kunden. Genau diese Kompetenzen nutzen wir auch für andere sinnstiftende Tätigkeiten, nämlich unsere Direct Action Programme, in die wir mindestens 20 Prozent unserer Gewinne investieren. Wir leisten damit, was die eigentlich dafür zuständigen Institutionen, die Regierungen dieser Welt, nicht imstande sind zu leisten. Wir setzen dabei unsere eigenen finanziellen Mittel ein und arbeiten mit unseren eigenen Leuten daran, die Welt zum Besseren zu verändern. Unser Ziel ist es, nicht 20 oder 30 Prozent unseres Unternehmensgewinns in Direct Action zu investieren, sondern unseren kompletten Gewinn. Der Grund, warum wir das nicht schon längst tun können ist, dass wir als Unternehmen nach wie vor signifikant wachsen, wofür ein gewisses Eigenkapital notwendig ist.
Was ist die Hemmersbach Rhino Force, wie kam es zu dieser Initiative und wie arbeitet sie?
Hemmersbach ist seit seinen Anfängen in den 1990er Jahren, als wir den ersten Commodore C64 repariert haben, zu einem überaus erfolgreichen Unternehmen mit 4.000 Mitarbeitern und Niederlassungen in 50 Ländern herangewachsen. Doch irgendwann beginnt man sich zu fragen, ob ein gut funktionierendes Unternehmen der Sinn des Lebens ist. Und dann habe ich eines Tages in Südafrika einen Ranger kennengelernt, der mir unter Tränen von den „Rhino-Wars“ erzählt hat. Kriminelle bieten horrende Summen für das Horn von Nashörnern, schwer bewaffnete Wilderer ziehen durch die Steppe, um sie zu jagen. Ich habe den Ranger gefragt, was er braucht, um das abzustellen. Daraufhin haben wir 2016 begonnen, eine bewaffnete Eliteeinheit aufzubauen und sie mit modernstem technischen Gerät auszustatten. Die Hemmersbach Rhino Force gilt heute als eine der besten Anti-Wilder-Einheiten in Afrika. Weil die Situation der Nashörner aber so dramatisch ist und es einfach nicht genügt, Wilderer zu bekämpfen, haben wir weitere Maßnahmen ergriffen: In einer Gendatenbank bewahren wir neben den Fortpflanzungszellen der Tiere auch wichtige Geninformationen auf, um eines Tages Nashörner künstlich zu züchten. Darüber hinaus bieten wir den Menschen vor Ort Alternativen zur – leider nach wie vor sehr lukrativen – Wilderei. Wir unterstützen sie, sich zu bilden, Arbeit zu finden und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dazu zählt zum Beispiel das Einsammeln von Plastikmüll, der für Wildtiere lebensbedrohlich ist. Als Gegenleistung erhalten die Menschen Lebensmittelgutscheine, mit denen sie sich und ihre Familien ernähren können.
Ralph Koczwara ist Unternehmer und Naturschützer. Er gründete den globalen IT-Dienstleister Hemmersbach. Unter seiner Führung als CEO wurde Hemmersbach zu einem führenden globalen Anbieter für die IT-Industrie, der Dienstleistungen in 190 Ländern anbietet und sich darüber hinaus zur Social Purpose IT Company entwickelte. Ralph ist auch Gründer und Vorsitzender von Salescode, einem globalen Sales-Outsourcing-Unternehmen für die Softwareindustrie, sowie von Fieldcode, das IoT-gesteuerte Field Service Management-Software anbietet.
Auf 100toparbeitgeber.de werden Unternehmen gezeigt, deren Produkte oder Dienstleistungen Menschen in ihrer Gesundheit, ihrer Bildung oder anderen Lebensbereichen wirksam unterstützen oder die dazu beitragen, dass das Ökosystem entlastet wird. Können Sie den Lesern konkrete Beispiele dafür nennen, an welchen Stellen Sie für Ihre Kunden Lösungen erarbeiten, welche diesem Anspruch gerecht werden?
Es liegt in der DNA von Hemmersbach, Probleme zu lösen. Wir packen pragmatisch an – egal, ob das die Probleme unserer Kunden sind oder eben ökologische und gesellschaftliche Probleme. Wir ermöglichen IT-Unternehmen, Device as a Service anzubieten. Firmen mieten so nur die Devices, die sie wirklich brauchen. Danach bereiten wir die Geräte auf und vermieten sie weiter. Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen mit Device as a Service 5.000 Laptops für seine Mitarbeiter bestellt, sorgen wir dafür, dass diese Geräte eben nicht nach dem ersten Einsatz entsorgt werden. Wir führen sie einer Zweit- oder Drittnutzung zu und erhöhen damit die Lebenszeit pro Gerät von vielleicht drei auf sechs Jahre. Und am Ende verwerten wir noch die Ersatzteile – ganz im Sinne einer „Circular Economy“. Das schont Ressourcen und entlastet die Umwelt.
Durch die Klimadiskussion kann sich kaum ein Unternehmen erlauben, sich nicht mit Nachhaltigkeitsfragen zu beschäftigen. Was empfinden Sie persönlich, wie gut wir unterwegs sind zu einer Welt, die behutsamer mit dem Leben und den Ressourcen auf dem Planeten umgeht?
Ich bin der Meinung, dass zu viele Unternehmen sich vornehmlich zu PR-Zwecken mit Nachhaltigkeitsfragen beschäftigen. Was das Thema Klimawandel angeht, muss aus meiner Sicht ein grundsätzliches Umdenken stattfinden – weg von der Reduktion und hin zur Umkehr von bereits erfolgtem CO₂-Ausstoß. Wir Menschen setzen jedes Jahr 40 Gigatonnen CO₂ frei. Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen wir diesen Ausstoß reduzieren und idealerweise komplett einstellen. Das wird aber nicht genügen, um unsere Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung auf 2 oder 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Wir müssen bereits ausgestoßenes CO₂ wieder aus der Atmosphäre entfernen.
Aus dieser Überzeugung bin ich Mitgründer der Negative Emissions Platform. Die Stiftung wird unter anderem von der von Bill Gates gegründeten Organisation Breakthrough Energy mitfinanziert und setzt sich auf einer politischen Ebene dafür ein, Technologien, die negative Emissionen ermöglichen, überhaupt erst förderfähig zu machen. Das sind sie nämlich Stand heute noch nicht, es gibt also keinen monetären Anreiz, daran überhaupt zu forschen. Am Ende, davon bin ich überzeugt, kann nur ein Preisschild am CO₂ das Problem lösen.
Hemmersbach erbringt weltweit IT Infrastruktur Services für die führenden IT-Unternehmen. 20 Prozent der Gewinne fließen unmittelbar in unternehmenseigene Direct Action Programme: Hemmersbach Rhino Force schützt im südlichen Afrika Nashörner vor dem Aussterben. Hemmersbach Kids‘ Family kümmert sich um bedürftige Kinder in Indien und Polen.
In der Eingrenzung des Themas „Arbeitgeber, die helfen, die Welt besser zu machen“ haben wir den Befragten auch die Unternehmenskultur als ein Instrument genannt, über das die Gesellschaft positiv beeinflusst werden kann. Wie geht man bei Hemmersbach miteinander um?
Anders als in vielen Unternehmen ist Geldverdienen für uns kein Selbstzweck. Wir stecken das Geld, das wir verdienen, in unsere Direct Action und tragen so dazu bei, die Probleme unserer Welt zu bekämpfen. Unsere Unternehmenskultur hat viel mit dieser gemeinsamen Begeisterung zu tun: Jeder von uns hat vor Augen, dass 20 Cent von jedem Euro, den er durch die eigene Leistung einspart oder verdient, in die Direct Action fließen – das treibt uns an.
Dabei leben wir durchaus eine ausgeprägte Performance-Kultur. Persönliche und berufliche Weiterentwicklung ist etwas, das wir voraussetzen, kein „Nice-to-Have“. Jede Tätigkeit zählt – auch wenn sie augenscheinlich nicht allzu entscheidend ist. Die freundlich grüßende Reinigungskraft oder die Rezeption, die die Kundenanfrage sofort an die richtige Stelle weitergeleitet hat, können ausschlaggebend für Aufträge sein. Die Servicekultur wird bei Hemmersbach von allen gelebt. Wie bei einem Mosaik, das nur wirkt, wenn jedes Steinchen an der richtigen Stelle ist, gehen bei Hemmersbach alle Tätigkeiten Hand in Hand, beeinflussen den Unternehmenserfolg und werden dementsprechend wertgeschätzt.
Geld war nie meine Motivation und wird es auch nie sein.
Ralph Koczwara
Wie wichtig ist es für Sie persönlich, dass Arbeit sinnstiftend sein muss?
Für mich ist Arbeit der Grund, warum ich morgens aufstehe. Geld war nie meine Motivation und wird es auch nie sein. Anfangs ging es meinen Mitgründern und mir darum, uns zu beweisen – das haben wir mit der Entwicklung von Hemmersbach über die vergangenen 20 Jahren getan. Wir wollen die wirklich wichtigen Probleme dieser Welt lösen. Unser Ziel ist es, als „The Social Purpose IT Company“ bis 2029 eine Milliarde Euro Umsatz zu erreichen und als Minimum 20 Prozent unseres Gewinns in unsere Direct Action zu investieren. Wir kommen auch überall dort ins Spiel, wo zum Beispiel NGOs versagen. Deren Zwang, sich politisch korrekt zu verhalten, ist nicht immer hilfreich, wenn man die Probleme dieser Welt lösen will. Wir sind nicht auf Spenden angewiesen und können daher jeden Cent unmittelbar in echte Problemlösung investieren. In jedem Fall wird es bei uns aber auch in Zukunft keine Ausschüttungen geben, von denen sich dann irgendjemand eine Yacht kauft. Ich bin davon überzeugt: Würden mehr erfolgreiche Unternehmen die Energie, die sie in Profitmaximierung stecken, auf die Lösung sozialer Probleme verwenden, wäre unsere Welt bereits heute ein lebenswerterer Ort.