Nachhaltigkeit im Finanzsektor ist nicht mehr unüblich. Green Bonds und klimaneutrale ETF‘s machen es schließlich möglich. Dennoch ist das nicht alles, denn eine rundum gelungene Nachhaltigkeit in Form der Einhaltung von allen ESG-Kriterien findet man doch sehr selten in der Finanzbranche. Eine Ausnahme davon ist die KfW Bankengruppe. Ihr Vorstand Bernd Loewen berichtet, wie die Förderbank unser gesellschaftliches Wohlergehen fördert und was sie als Arbeitgeber ausmacht.
Herr Loewen, wie hat sich ihrer Meinung nach die Verantwortung der Unternehmen für das Gemeinwohl über die letzten Jahre hinweg verändert?
Die Dynamik ist in dieser Frage sehr hoch. Noch vor einigen Jahren lag die Zuständigkeit für „gesellschaftliche Verantwortung“ bei den meisten Unternehmen in der Kommunikationsabteilung. Beispielsweise wurden im Sinne der „Corporate Social Responsability“ dann soziale Projekte am Unternehmensstandort mit Spenden unterstützt. Solch ein Engagement ist auch weiterhin richtig und wichtig.
Jedoch ist der Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Daher möchten Kund:innen und Mitarbeiter:innen sowie auch politische Entscheidungsträger:innen zunehmend erfahren, wie nachhaltig sich Unternehmen in ihrem Kerngeschäft aufstellen: Sind die hergestellten Produkte und Dienstleistungen ethisch vertretbar? Wie hoch sind die CO2-Emissionen? Wie gestaltet das Unternehmen Arbeitsbedingungen und Lieferketten? Und zahlt es seine Steuern dort, wo auch die Wertschöpfung stattfindet? Je höher der Anspruch, desto mehr werden all diese Aspekte für Unternehmen zu einer Frage der Glaubwürdigkeit, mit der sich jedes Unternehmen auseinandersetzen muss.
Wie interpretiert KfW nachhaltiges Wirtschaften und wie sieht das in der Praxis aus?
Ein Primärziel der KfW ist die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Lebensbedingungen weltweit. Damit legen wir als „Bank aus Verantwortung“ unsere Messlatte sehr hoch. Im Jahr 2018 haben wir mit der „KfW Roadmap Sustainable Finance“ einen ambitionierten Fahrplan ausgegeben, um in Sachen Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einzunehmen. Im Ergebnis gewähren wir beispielsweise keine Finanzierungen mehr, die mit hohen Umwelt‑, Klima- und Sozialrisiken behaftet oder ethisch kritisch sind. Seit 2019 machen wir mit unserem innovativen „SDG-Mapping“ transparent, zu welchen Sustainable Development Goals (SDGs) wir mit unseren Finanzierungen beitragen. Und seit 2021 haben wir die „Paris-Kompatibilität der KfW-Finanzierungen“ in unserem Zielsystem stehen, das heißt wir möchten in Zukunft nur noch Technologien finanzieren, die im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen stehen.
Zugleich ist klar, dass Nachhaltigkeit nicht auf die ökologische Dimension begrenzt ist. Auch die wirtschaftliche und soziale Dimension gehören dazu. Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir beispielsweise alle Hebel in Bewegung gesetzt, um schnell und flexibel zur wirtschaftlichen Stabilisierung in Deutschland und weltweit beizutragen: Gegenüber 2019 haben wir unsere KfW-Zusagen für nachhaltige Wirtschaftsförderung um gut 150 Prozent auf über 70 Milliarden Euro gesteigert. Gleichzeitig hat die KfW dafür gesorgt, dass ihre neuen Finanzierungen auch noch weiteren Nachhaltigkeitszielen zugutekommen. Unsere Förderung für nachhaltige Städte und Gemeinden haben wir von 29 Milliarden Euro in 2019 auf fast 46 Milliarden Euro in 2020 gesteigert. Und auch beim Klimaschutz haben wir in 2020 mit 43 Milliarden Euro einen Zuwachs von über 50 Prozent verzeichnet. Damit unterstreichen wir unsere Rolle als transformative Förderbank, die sich konsequent für eine treibhausgasneutrale Zukunft engagiert, ihrem breiten gesetzlichen Förderauftrag aber auch über den Klimaschutz hinaus gerecht wird.
Der 1965 geborene Bernd Loewen begann seine berufliche Karriere nach Abschluss des BWL- Studiums an der Universität Münster bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Nach Absolvierung seiner Steuerberaterprüfung folgte dann der Wechsel zur Commerzbank, wo er anfangs in Frankfurt in der Konzernentwicklung sowie anschließend im Aktienderivatehandel und ab 2002 als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Commerz Capital Markets Corporation in New York tätig war. Im Jahr 2005 wurde Bernd Loewen dann in den Vorstand der Bank (ehemals BRE Bank SA), einer polnischen Tochtergesellschaft der Commerzbank berufen, so dass sich sein Lebensmittelpunkt von New York nach Warschau verlagerte.
Die Rückkehr nach Frankfurt erfolgte schließlich durch die Bestellung zum Vorstand der KfW im Juli 2009. Dort verantwortete er bis zur Trennung von CFO- und CRO-Funktion in 2016 zunächst die Ressorts Finanzen und Risiko. Aktuell umfasst der Zuständigkeitsbereich von Bernd Loewen Finanzen, Treasury, Organisation & Consulting, Personal und Kreditservice.
Bernd Loewen ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.
Was empfinden Sie persönlich, wie gut wir unterwegs sind zu einer Welt, die behutsamer mit dem Leben und den Ressourcen auf dem Planeten umgeht?
In den vergangenen Jahren ist diesbezüglich unheimlich viel in Bewegung gekommen. Gerade die jungen Leute fragen sich, wie ihre Generation in einigen Jahrzehnten leben wird, wenn sich die globale Klima- und Umweltkrise weiter zuspitzt. Auch wir in Europa werden direkt betroffen sein, wenn sich beispielsweise das Klima in Madrid bis 2050 so stark verändert, dass es dem heutigen Marrakesch entspricht – so wie es ernstzunehmende Modelle prognostizieren. Es ist gut wenn sich hier ausgehend von der jungen Generation klare Trends herausbilden, die das Potenzial zum Mainstream haben.
Gleichzeitig müssen wir aber sehen, dass weltweit viele Menschen andere Sorgen haben und auch in politischen Entscheidungsprozessen vielerorts die kurzfristigeren Ziele dominieren. Zunehmende soziale Ungleichheit, gesellschaftliche Spannungen und internationale Konflikte spielen dabei eine wichtige Rolle. Letztlich wird es darauf ankommen, dass die Regierungen von Industrie- und Schwellenländern für die Erreichung der Pariser Klimaziele ihre gemeinsame Verantwortung übernehmen. Hierzu gilt es, möglichst allen in unserer Gesellschaft eine attraktive Zukunftsperspektive zu bieten und dabei ganz gezielt auch die Chancen in Wert zu setzen, die mit der Transformation in Richtung Treibhausgasneutralität verbunden sind. Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft müssen dazu wirkungsvoll eingebunden werden.
Wie unterstützen die Dienstleistungen von KfW die Gesellschaft und wie verhelfen sie zu einem besseren Ökosystem?
Die KfW Bankengruppe ist mit ihren unterschiedlichen Geschäftsbereichen und Tochterunternehmen breit aufgestellt. Je nach Förder- und Finanzierungsbedarf der Kundschaft und Finanzierungspartner setzt sie auf unterschiedliche Instrumente – von Zuschussfinanzierungen, Förderkrediten und Marktdarlehen, Beteiligungen und Venture Capital bis hin zu den „Green Bonds made by KfW“.
Ebenso vielfältig sind die konkreten KfW-Programme und ‑Projekte: In Deutschland unterstützt die KfW Unternehmen, Privatpersonen und öffentliche Einrichtungen beispielsweise bei Zukunftsinvestitionen, wie zur Steigerung von Energieeffizienz oder Nutzung von erneuerbaren Energien. Auch gehören dazu aktuell beispielsweise im Rahmen der Corona-Hilfen die KfW-Schnellkredite an Unternehmen und die derzeit zinsfrei angebotenen Studienkredite. Im Auftrag des Bundes hat die KfW in Höhe von 300 Millionen Euro Anteile am Biotech-Unternehmen CureVac erworben, das unter anderem einen Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt. Wir finanzieren zukunftsweisende Infrastruktur für grünen Wasserstoff und unser Förderangebot für effiziente Gebäude leistet wesentliche Beiträge zur Erreichung der deutschen Klimaziele. Im Jahr 2020 haben wir für energieeffizientes Bauen und Sanieren (EBS) das Rekordvolumen von 30,2 Milliarden Euro zugesagt.
Aktuelle Beispiele für unser europäisches Engagement sind KfW-Finanzierungen für das erste Stromübertragungskabel zwischen Deutschland und Norwegen (NordLink), digitale Infrastruktur in Frankreich und die Elektroautoindustrie in Polen. In der Förderung von Entwicklungs- und Schwellenländern engagieren wir uns zum Beispiel für Tropenwaldschutz und erneuerbare Energien in Lateinamerika, soziale Infrastruktur und die Bekämpfung von Fluchtursachen in Subsahara-Afrika oder auch den größten Solarkomplex der Welt in Marokko.
Dabei geht es uns stets darum, die angestrebten Wirkungen möglichst wirtschaftlich zu erreichen.
Welche Projekte haben Sie für die Zukunft geplant?
Wir entwickeln unser Förderangebot kontinuierlich weiter. Im Jahr 2020 haben wir mit der „Klimaoffensive für den Mittelstand“ beispielsweise das weltweit erste Förderprogramm auf Basis der besonders anspruchsvollen EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten auf den Weg gebracht. Sobald sich die Corona-bedingte Sondersituation wieder entspannt, dürfte das Fördervolumen in diesem Programm deutlich ansteigen. Wir sehen hier ein großes Potenzial, zukünftige Marktentwicklungen vorausschauend aufzunehmen und mitzugestalten.
Ein weiteres Beispiel betrifft die KfW Capital. Als KfW-Tochter wird sie in den nächsten zehn Jahren rund 2 Milliarden Euro in deutsche und europäische Risikokapitalfonds investieren, um den Kapitalzugang für innovative Start-ups und Wachstumsunternehmen zu verbessern. Bei den Themen- und Investitionsschwerpunkten der Fonds handelt es sich häufig um die transformativen Sektoren hin zu einer ökologisch sozialen, digitalen Marktwirtschaft.
Auch ein weiteres Beispiel ist das von der KfW als Pilotprojekt finanzierte TUMO-Zentrum in Berlin. Dieses Zentrum dient der kostenlosen digitalen Bildung von Jugendlichen in Deutschland und bietet außerschulisches Lernen von unter anderem Robotik, Programmierung, Graphikdesign oder Videoproduktion an.
Was bietet die KfW Berufseinsteiger:innen, welche nach einem sinnstiftenden Beruf streben?
Die KfW ist eine international agierende Förderbank, die für die nachhaltige Entwicklung von Umwelt, Gesellschaft und Unternehmen steht. Daher geben wir Impulse und wirken damit aktiv an den Themen mit, die die Welt von morgen prägen. Klimawandel und Umwelt, Globalisierung, Digitalisierung und Innovation sowie der Soziale Wandel – es sind große Herausforderungen, vor denen wir heute als Gesellschaft stehen. Die KfW setzt dabei auf Menschen, die Teil dieser großen Herausforderungen werden wollen und die sich für diese Ziele und die damit einhergehende Veränderung begeistern können. Wir wollen Teamplayer, die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern, offen kommunizieren und ergebnisorientiert agieren. Unser Ziel hierbei ist es, diese Potenziale für uns zu gewinnen, bestmöglich zu fördern und zu entwickeln. So bieten wir innerhalb der KfW nicht nur die klassischen Karrierewege, sondern ermöglichen durch agile Zusammenarbeitsmodelle in Zukunft auch verstärkt eine fachliche Karriere. Für den Berufseinstieg haben wir ein breit aufgestelltes Angebot an Traineeprogrammen für Hochschulabsolvent:innen, aber auch Einstiegsmöglichkeiten durch verschiedene Ausbildungs- und Studiengänge. Hiermit wollen wir junge Menschen von uns überzeugen, die Spaß daran haben, an den Schnittstellen zwischen Politik, Wirtschaft, Bildung und Finanzindustrie zu arbeiten.
Wie wichtig ist es für Sie persönlich, dass Arbeit sinnstiftend sein muss?
Alle Studien, Statistiken und auch praktischen Erfahrungen belegen, dass intrinsische Motivation nicht zu toppen ist. Dazu bedarf es zweier Faktoren im Zusammenspiel: Man muss sich für seine Themen und Aufgaben interessieren, also quasi Überzeugungstäter sein, und sie müssen einem auch liegen, das heißt man muss gut darin sein. Mich motiviert es jeden Tag aufs Neue, mich mit meiner Bank- und Managementerfahrung bei der Zukunftsgestaltung großer politischer Themen einzubringen und mit den politischen Entscheidungsträgern hierzu finanzielle Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Wenn sie zum Beispiel im größten afrikanischen Windpark stehen, den die KfW mit konzipiert, finanziert und implementiert hat, dann sind sie mit sich und ihrer Arbeit rundum zufrieden.
Als eine der führenden Förderbank unterstützen wir im Auftrag der Bundesregierung Privatpersonen, Unternehmen, Institutionen und Länder mit Zuschüssen und vergünstigten Förderkrediten in der Entwicklungszusammenarbeit, der Wirtschaftsförderung sowie bei Umweltschutzmaßnahmen und Bildungsfinanzierung.
Bekannt als staatliche Förderbank, wurde die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) 1948 gegründet und kann am Standort Frankfurt am Main mittlerweile 6.700 Mitarbeiter:innen zählen. Weltweit ist die Bank an 80 Standorten zu finden.
Wie genau sieht die Unternehmenskultur bei KfW aus?
Wir legen extrem hohen Wert auf eine wertschätzende Unternehmenskultur, dabei schätzen wir insbesondere Vielfalt und fördern diese aktiv. Es gibt ein unheimlich starkes, mit unseren Förderthemen eng verzahntes „Wir-Gefühl“ in der KfW. Eine Unternehmenskultur, in der ein hohes Anspruchs- und Qualitätsniveau nicht nur an unsere Förderprodukte, sondern auch an unser Zusammenarbeitsmodell, unsere Arbeitswelt inklusive Systeme und Prozesse und den Vorbildcharakter der Führungskräfte gestellt wird. Es gilt im Innen- und Außenverhältnis bei Wandel und Innovation vorne dabei zu sein und auf dem Weg möglichst alle mitzunehmen.
Wie sollte die Welt in 10 Jahren aussehen und was sind die größten Herausforderungen auf diesem Weg?
Nach meiner Beobachtung zeichnet sich die ideale Welt von morgen bereits heute deutlich ab: Digitaler und flexibler in Beruf, Bildung und Verwaltung, ressourcen- und klimaschonend durch Technik, Innovation und bewusste Verhaltensänderung und sozialer durch möglichst breite Teilhabe an den damit verbundenen „Transformations-Renditen“. Die eindeutig größte Herausforderung dabei ist für mich, die hierfür erforderliche gesellschaftliche Synchronisation und Akzeptanz herzustellen. Dies gilt sowohl auf globaler Ebene als auch auf Ebene der einzelnen Industrie- und Schwellenländer. Deutschland und Europa haben sicherlich das Potenzial, hierbei eine Vorbild- und Vermittlungsfunktion einzunehmen.
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